Als ein eindrucksvolles Beispiel moderner Sakralarchitektur zeigt sich die Kirche St. Josef in Cloppenburg, die von dem Architekten Martin Klemann geschaffen und im Jahr 1968 eingeweiht wurde. Der Vorgängerbau in unmittelbarer Nachbarschaft war eine neugotische Kirche aus dem Ende des 19. Jahrhunderts. Aufgrund der stetig wachsenden Zahl der Kirchenbesucher war sie zu klein geworden und der Kirchenbau wurde 1973 auch abgerissen.
Im Gegensatz zu dem historisierenden Vorgängerbau hat der Architekt des Neubaus eine moderne Formensprache gewählt, wie schon in der Außenansicht deutlich wird. Die gerasterten Wände des Kirchengebäudes bestehen aus Betonwaben, die den Eindruck der Kühle, des Sachlichen und vielleicht auch des Abweisenden vermitteln. Dagegen beeindruckt der Innenraum durch eine Atmosphäre des Feierlichen und Geheimnisvollen. Dies geschieht durch das lebendige Licht- und Schattenspiel, das durch die wolkigen Strukturen der in Grautönen gefassten Scheiben der Betonwaben erzielt wird.
Der Grundriss der Kirche besteht aus vier aneinander gefügten Sechsecken, wobei sich die Gläubigen von drei Seiten um die Altarinsel versammeln können. Hier antwortet der Kirchenbau auf das neue Liturgieverständnis, wie es im Zweiten Vatikanischen Konzil, das von 1962-1965 stattgefunden hat, entwickelt wurde. Die Stellung des Altars in der Mitte der Versammlung und die dadurch ermöglichte aktive Teilhabe der Gemeinde an der Feier der Eucharistie war die Grundidee dieser Liturgiereform. Auch der Aufriss des Innenraums in seiner spannungsvollen Höhenstaffelung betont die Altarinsel als architektonischer und liturgischer Brennpunkt der Kirche.
Die künstlerische Ausstattung der Kirche stammt von Heinrich-Gerhard Bücker aus Vellern und ist auf wenige Akzente beschränkt. Eindrucksvoll schwebt im Chorraum eine runde Glasscheibe. Sie erinnert an eine Hostie und ist Bildträger einer vergoldeten Christusfigur. Empfangen wird der Besucher von einer ebenfalls vergoldeten Marienskulptur, die in ihrer strengen Frontalität und Würde an romanische Vorbilder erinnert. In ihren Händen hält Maria eine mit ausgebreiteten Armen gezeigte Christusfigur. Ein Bronzerelief an der rechten Ostwand der Kirche wiederholt das Madonnenmotiv, wobei die beschützende Figur des hl. Josef ergänzt wird.
Durch die Einheitlichkeit seiner künstlerischen Ausstattung, durch das geheimnisvolle Licht sowie durch die Klarheit und Ordnung der Architektur erhält der Innenraum dieser Kirche seine ganz besondere Atmosphäre. Die Kirche St. Josef ist ein Ort himmlischer Stille im Kontrast zum höllischen Lärm unserer Alltagswelt. Sie ist ein heiliger Ort, ein Ort der in seiner spirituellen und ästhetischen Kraft zur Gottesbegegnung einlädt.
Text: Dr. Martin Feltes | Kath. Akademie Stapelfeld
Plattdeutsche Fassung: Dr. Martin Feltes | Kath. Akademie Stapelfeld