Stolpersteine der Familie des Schlachtermeisters und Viehhändlers Siegfried Rosenthal
Audiobeitrag Hochdeutsch:
Viele Städte in Deutschland haben die Idee des Künstlers Gunther Demnig aufgegriffen und vor den Häusern ehemaliger jüdischer Bewohner sog. Stolpersteine verlegt. So auch in Cloppenburg im Jubiläumsjahr der Stadt 2010. Nicht mit den Füßen, sondern mit Kopf und Herz sollen wir stolpern und uns an die ehem. Mitbürger, an ihr Schicksal und ihren Verbleib erinnern.
Siegfried wurde am 30. Oktober 1884 als Sohn des Meyer Rosenthal und seiner Frau Henriette geb. Rose in Cloppenburg geboren. Er stammte, wie fast die gesamte Cloppenburger Judengemeinde bis zur Zerschlagung in der sog. Reichspogromnacht, vom ersten jüdischen Bürger Cloppenburgs – Meyer Jacobs – ab. Dieser bekam im Jahre 1713 einen Schutz- oder Geleitbrief vom Landesherrn, dem Fürstbischof von Münster mit der Erlaubnis, sich in der Stadt niederzulassen. Er bezog ein Haus in der Mühlenstraße im Bereich des heutigen Geschäftes Bley. Meyer Jacobs hatte 7 Kinder, von denen drei in Cloppenburg blieben und auch den nötigen Schutzbrief bekamen. Der Sohn Lefmann Meyer war der Stammvater von Siegfried Rosenthal.
Nach Einführung der „Oldenburger Judenordnung“ im Jahre 1827, in der für jede jüdische Familie ein einheitlicher Name gefordert wurde, nahmen die Vorfahren von Siegfried den Namen Rosenthal an. Das Stammhaus in der Mühlenstraße wurde Ende des 19. Jahrhunderts verkauft und die Familie erwarb das Grundstück an der Lange Str. 67.
Als der Vater im Jahre 1915 gestorben war, musste Siegfried mit seiner Mutter die Schlachterei und den Viehhandel weiterführen. Seine Meisterprüfung machte er 1928, was auch in der MT gewürdigt wurde. Nach dem Tod der Mutter erbte er 1931 das elterliche Haus. Siegfried heiratete Rosa Gottschalk aus Ahaus. Sie bekamen zwei Kinder, Tochter Helga und Sohn Max Josef.
Hulda, die jüngste Schwester von Siegfried blieb im Elternhaus und führte den Fleischerladen des Bruders. Der kümmerte sich um den Vieheinkauf und die Schlachtungen. Der Viehhandel und der Schlachterei-Betrieb sicherten ihnen eine gute Existenz, waren sie doch für erstklassige Ware bekannt. Das änderte sich mit Hitlers Machtübernahme im Jahre 1933. Besonders nach Verabschiedung der Nürnberger Gesetze im Jahre 1935 wurden die Rechte der Juden immer mehr eingeschränkt. Die Umsätze gingen zurück und die Ausgrenzungen nahmen zu.
Seinen Betrieb musste Siegfried 1937 aus politischen Gründen aufgeben. 1940 wurde die Familie gezwungen nach Wuppertal-Barmen in ein sog. Ghettohaus umzuziehen. Laut Aussage eines ehemaligen Nachbarn musste er dort Knöpfe beziehen. Am 27. Oktober 1941 wurden er, seine Frau Rosa, die 2 Kinder und die Schwester Hulda nach Litzmannstadt/Lodz (Polen) deportiert. Vermutlich sind sie am 08. Mai 1942 im Vernichtungslager Kulmhof/Chelmno (Polen) ermordet worden. Alle 5 wurden 1949 für tot erklärt.
Text: Hannelore Warmhold | Archiv Stadtgeschichte
Plattdeutsche Fassung: Heinrich Siefer | Kath. Akademie Stapelfeld
Sprecherin Hochdeutsch: Katja Kuhlmann
Quellen:
– Brankassenregister Cloppenburg, Bd. 1, Archiv Stadtgeschichte
– Denis, Walter (2003): Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde in Cloppenburg. Ein Beitrag zur Stadtgeschichte. Cloppenburg: Heimatbund für das Oldenburger Münsterland e.V. (Die blaue Reihe, 10).
– Münsterländische Tageszeitung vom 18.04.1928
– Niedersächsisches Landesarchiv Oldenburg, Best. 76 B – 20, 12
– Schriftverkehr in der Entschädigungssache Rosenthal
– Verein zur Erforschung der Sozialen Bewegungen im Wuppertal e. V. (Hg.): Gedenkbuch für die NS-Opfer aus Wuppertal. Eintrag Siegfried Rosenthal. Online verfügbar unter https://www.gedenkbuch-wuppertal.de/de/person/rosenthal-3.